Leidenschaft im Job: Freund oder Feind der realistischen Selbsteinschätzung?

Eine Studie von Erica Bailey im Fachjournal „Social Psychological and Personality Science“ beleuchtet den spannenden Zusammenhang zwischen Leidenschaft im Job und der realistischen Selbsteinschätzung von Mitarbeitern. Die Studie, die mit 829 Angestellten einer Ingenieursfirma in Peking durchgeführt wurde, zeigt, dass übermäßig passionierte Mitarbeiter dazu neigen, ihre eigene Leistung deutlich höher zu bewerten als ihre Kollegen dies tun.

20 Tage lang gaben die Teilnehmer der Studie täglich Auskunft über ihre eigene Einstellung zur Arbeit und bewerteten die Leistung ihrer Kollegen. Die Ergebnisse verdeutlichen eine signifikante Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung: Mitarbeiter, die eine besonders hohe Leidenschaft für ihre Arbeit zeigten, überschätzten ihre Leistung im Vergleich zur Bewertung durch ihre Kollegen deutlich.

Erklärungsansätze für dieses Phänomen liefert die Psychologie: Die starke Leidenschaft für den Job kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der eigenen Leistung führen. Passionierte Mitarbeiter investieren mehr Zeit und Energie in ihre Arbeit, was zu einem positiven Selbstbild und einer hohen Zufriedenheit mit der eigenen Leistung führen kann. Diese positive Selbsteinschätzung kann jedoch auch zu einer fehlenden Realitätswahrnehmung führen. Passionierte Mitarbeiter könnten weniger empfänglich für Kritik sein und eigene Fehler eher übersehen. Somit kann Leidenschaft im Job zwar positive Auswirkungen auf Motivation und Engagement haben, sie kann aber auch die realistische Selbsteinschätzung trüben. Allerdings ist eine realistische Selbsteinschätzung wichtig für die persönliche Weiterentwicklung und den beruflichen Erfolg.

Für Unternehmen bedeutet dies:

Förderung von Leidenschaft: Leidenschaftliche Mitarbeiter sind oft produktiver und motivierter. Unternehmen sollten daher ein Umfeld schaffen, in dem Leidenschaft gedeihen kann.
Regelmässiges Feedback: Offenes und regelmäßiges Feedback von Kollegen und Vorgesetzten kann helfen, die Selbsteinschätzung von leidenschaftlichen Mitarbeitern zu relativieren.
Selbstreflexion: Mitarbeiter sollten encouraged werden, ihre eigene Leistung kritisch zu hinterfragen und verschiedene Perspektiven einzunehmen.

Unternehmen sollten daher Maßnahmen fördern, die Mitarbeiter zu einer ausgewogenen Wahrnehmung ihrer eigenen Leistung unterstützen. Dazu gehört offenes Feedback durch Kollegen und Vorgesetzte sowie die Möglichkeit zur Selbstreflexion.

Zusatz: Die Studie von Erica Bailey liefert zwar interessante Erkenntnisse, es ist aber wichtig zu beachten, dass es sich um eine Datenerhebung in einem Unternehmen in China handelt. Die Ergebnisse könnten daher nicht auf andere Unternehmenskulturen oder Berufsfelder übertragbar sein.

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